Die Alpen gehören zu den beliebtesten Reisezielen der Welt. Wie die Studie «The Future of Winter Travelling in the Alps» aufzeigt, wird jedes siebte Hotelzimmer innerhalb der Europäischen Union in einem Berggebiet gebucht. Insgesamt verzeichnen Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich und die Schweiz pro Jahr etwa 386 Millionen Logiernächte im Alpenraum, wofür 7,5 Millionen Betten zur Verfügung stehen. Der Wintertourismus hat davon einen Anteil von 43,3 %.

Die Tourismusdestinationen sind zwar unterschiedlich und stehen im Wettbewerb zueinander – trotzdem kristallisieren sich ähnliche Herausforderungen in allen Ländern heraus: Der Klimawandel sorgt in tiefer liegenden Regionen für prekäre Schneeverhältnisse, vielerorts wird deshalb in die technische Beschneiung investiert. Zugleich verliert die traditionelle Wintersaison an Bedeutung, ihr Marktanteil geht zurück: Verzeichnete die Schweiz in der Saison 2008/09 noch 29,3 Millionen Ersteintritte bei Skiliftanlagen, sank die Zahl fast kontinuierlich und lag 2021/22 noch bei 25,4 Millionen. Dies zeigen die neusten Zahlen zur Schweizer Seilbahnbranche.

Vernetzen, fördern, antreiben
Viele Destinationen und Regionen sind sich dieser Tatsache bewusst und tun einiges, um ihre touristischen Angebote anzupassen und sich zu einem Ganzjahresziel zu entwickeln. So können zum Beispiel kulturelle Events in der Nebensaison für mehr Gäste sorgen, aber auch spezielle Kulinarikanlässe oder attraktive Ausflugspakete. Damit das gelingt, braucht es ein gutes Zusammenspiel aller Akteurinnen und Leistungsträger. Hier können die lokalen Tourismusorganisationen als Vermittler einspringen und gezielt Innovationen und Neuheiten fördern. Gleichzeitig gilt es, den Winter mit frischen Ideen und einem breiteren Angebot zu stärken.

Auch Schweiz Tourismus ST bietet dazu wertvolle Impulse, sorgt für eine landesweite Vernetzung und dient als Innovations- und Wirtschaftsmotor. So sind unter der Federführung von ST neu zum Beispiel die Nachwuchsangebote «snow25» und «sleep25» entstanden: Für 25 Franken gabs für Jugendliche einen Nachmittagsskipass samt Anreise vom Wohnort in die entsprechende Region. Gleich viel kostete eine Übernachtung inklusive Frühstück in einer Jugendherberge.

Die Destinationen wiederum schliessen sich vermehrt zusammen und kooperieren – so wie die 50 Gebiete im Berner Oberland, im Wallis und in der Westschweiz, die mit dem «Magic Pass» 1375 Pistenkilometer, 19 Snowparks, 100 Berg- und 2 Drehrestaurants, über 1000 Kilometer Mountainbike-Strecken, dazu Wanderwege, Ausflugsorte für Familien und Thermalbäder anbieten. In der Saison 2021/22 haben 141 000 Bergsportbegeisterte dieses Angebot genutzt; das entspricht einem Plus von 27,6 % im Vergleich zum Vorjahr.

Mehr Angebote für verschiedene Zielgruppen
Kaum weiterentwickelt hat sich hingegen das Dynamic Pricing: «Während einige Bahnen auf dieses Modell umgestiegen sind, haben andere sich bereits wieder davon abgewendet», sagt dazu Berno Stoffel, Direktor Seilbahnen Schweiz. Je nach Positionierung und Gästestruktur der Destination sei man diesem Thema näher oder ferner. «Es geht dabei immer um die Grundfrage, welches der durchschnittliche Preis pro Eintritt ins Skigebiet ist, den man anstrebt.» Entsprechend eignet sich das Preissystem oder eben nicht.

Die Zeit, in der Wintersport ausschliesslich aus Skifahren und Snowboarden bestand, ist längst vorbei. Das Angebot in den Bergen wird immer vielfältiger – und damit fühlen sich auch mehr Zielgruppen angesprochen. ST denkt dabei auch an Gäste aus Ländern, die keine Schneesporttradition haben. Und an die Veränderungen, die der Klimawandel zwangsläufig mit sich bringt. Es geht um Spass, ums Energietanken in der Natur und um ein gemütliches Beisammensein mit Freunden und Familie. Deshalb entstehen immer breitere Winterangebote, zu denen auch Nachtwanderungen bei Vollmond, Iglu-Hotels oder die Fondue Experience gehören.

Die Wintersaison werde künftig wohl kürzer und trockener. ST-Direktor Martin Nydegger schätzt, dass der Monat November in einigen Jahren als Herbst- und nicht mehr als Wintermonat gelten wird: «Gerade Gebiete in tieferen Lagen werden also je länger, je mehr Angebote bereitstellen müssen, die eine Alternative zu den klassischen Schneesporterlebnissen bieten, wie Wandern, Biken, Kulinarik und Wellness.» Dieses Umdenken hat vielerorts schon stattgefunden. Das hat sich beispielsweise in der ST-Winterkampagne «My First Time» von 2020/21 gezeigt, die das vielfältige Angebot abseits der Piste ins Schaufenster stellte.

Gute Kommunikation in schwierigen Phasen
«Neuste Studien belegen, dass die Bergbahnen in der Schweiz während der Coronapandemie den Marktanteil um 6 % steigern konnten, auf Kosten der Marktanteile der Skigebiete in Österreich», sagt Berno Stoffel. Er stützt sich dabei auf die Zahlen der Marktanalyse «Skifahrer im D-A-CH Raum» von Manova / Klaus Grabler, die im August und September 2022 durchgeführt wurde.

Auch auf die drohende Energiekrise haben sich die Bergbahnen vorbereitet. Seit Sommer 2022 gibt es einen engen Austausch mit Experten, um die Situation realistisch einzuschätzen. Viele Unternehmen haben ihren Energieverbrauch optimiert, setzen auf erneuerbare Energien oder betreiben selbst Kraftwerke, so der Direktor weiter: «Unsere Recherchen zeigen, dass viele Bergbahnen dieses Thema frühzeitig und professionell angegangen sind und den Strom für das Jahr 2023 rechtzeitig eingekauft haben – die Erhöhung der Strompreise wirkt sich hier nicht so drastisch aus.» Zudem arbeitet die Branche mit einem gemeinsam erarbeiteten Massnahmenkatalog, der weiteres Sparpotenzial aufzeigt. Dank eines Simulationstools sind die Einsparungen auch tatsächlich messbar; die Bahnen können sich so besser auf verschiedene Szenarien vorbereiten.