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Nahmarktgäste sind zurück

Die Zahl der Hotellogiernächte aus den Nahmärkten hat fast wieder Vorpandemie-Niveau erreicht. Die Erholung hatte mehrere Gründe.

Hotellogiernächtezahlen von Gästen aus den Nahmärkten in den Destinationen: Bitte wählen Sie mit dem Filter links in der Karte die Darstellungsperiode. Es stehen drei Optionen zur Verfügung: 2022, 2019–2022, 2021–2022. 

Hotellogiernächte aus den Nahmärkten

2022 verzeichneten die Flughafendestinationen Zürich und Genf sowie die Destinationen Bern, Interlaken, Jungfrau Region, Engadin St. Moritz, Zermatt oder Luzern am meisten Hotellogiernächte von Gästen aus den Nahmärkten (erweiterter Zugang zum Management Information System nur für ST-Mitglieder).

Die meisten Destinationen haben 2022 bei den Hotellogiernächtezahlen von Gäste aus den Nahmärkten wieder zugelegt. Einige haben fast wieder das Vorpandemieniveau 2019 erreicht.

Bei den Gästen aus den Nahmärkten konnten im Vergleich zu 2021 fast alle Destinationen deutlich zulegen.

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Über 11 Millionen Hotellogiernächte gingen 2022 auf das Konto von Gästen aus den Nahmärkten (ohne Heimmarkt). Damit konnten dort fast 91 % des Vorpandemie-Niveaus (2019) erreicht werden. Wie sich die Übernachtungen ganzjährig in den Destinationen im Einzelnen entwickelt haben, zeigt die interaktive Grafik.

Übrigens: Am stärksten zeigte sich der Monat August 2022, wo das Niveau in dieser Märktegruppe sogar über dem Vorpandemieniveau von 2019 lag (+4,4 %). Besonders gut schnitten die folgenden Tourismusregionen ab: Tessin (+18,2 %), Bern (+14,2 %), Aargau-Solothurn (+12,3 %), Luzern-Vierwaldstättersee (+11,6 %) und Graubünden (+7,8 %). 

Warum sich die Nahmärkte von der Pandemie so gut erholt haben, erklären die beiden Marktgruppenleiter Alex Herrmann (Europa West) und Jörg Peter Krebs (Central Europe & Middle East).

Alex Herrmann / Jörg Peter Krebs

Head of Europe West, Country Manager United Kingdom & Ireland / Head Central Europe & Middle East, Country Manager Germany

In welchen Nahmärkten hat man eine besonders starke Zunahme der Nachfrage festgestellt, als im März 2022 fast alle Pandemie-Restriktionen weggefallen sind?

Alex Herrmann: Die Übernachtungen aus Frankreich und den Niederlanden haben sich sehr positiv entwickelt, bei den holländischen Gästen hatte die Schweiz gar den besten Sommer seit zehn Jahren. UK als primärer Flug-Markt hinkt hinterher, die Übernachtungen lagen auch im Sommer 2022 noch mehr als 20 % unter dem Niveau von 2019.

Jörg Peter Krebs: Aus den zentraleuropäischen Nahmärkten Deutschland, Österreich, Polen und Tschechien sind wir in den Sommermonaten praktisch auf dem Niveau von 2019. Beim wichtigsten Auslandsmarkt Deutschland konnten wir sogar ein leichtes Plus verzeichnen. Viele Tourismusfachleute aus den Nahmärkten schauen daher fast bewundernd auf die Schweizer Touristikerinnen und Touristiker, wie unkompliziert und pragmatisch sie mit der Covidkrise umgegangen sind. Unser heimlicher «Star» ist Polen: der einzige Auslandsmarkt mit einem leichten Wachstum seit 2019!

In den Medien war oft von Nachholbedarf bei den Ferienwilligen zu lesen. Hat sich das auch in den Nahmärkten gezeigt und wenn ja, inwiefern?

Jörg Peter Krebs: In Deutschland ist die Sehnsucht bzw. die Ferienlust mit der Absicht, eine oder mehrere Reisen pro Jahr zu unternehmen, wieder auf dem Stand vor Corona. Die Schweiz als mögliche Urlaubsdestination erschien in der Reiseanalyse der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR) erstmals in den Top 10. Der Preis war für einmal nicht der primäre Faktor für den Reiseentscheid. Themen wie Nähe, Nachhaltigkeit und Sicherheit (ohne das Thema kommunikativ zu vertiefen) sind wichtiger geworden.

Alex Herrmann: Ja, dies hat sich in einigen Märkten doppelt gezeigt, einerseits was das allgemeine Reisebedürfnis betrifft, andererseits auf die zahlreichen Buchungen bezogen, die von 2020 und 2021 auf 2022 verschoben wurden. Dies trifft nicht auf alle Nahmärkte zu, Italien und Spanien beispielsweise erholen sich langsamer, was Reisen in die Schweiz betrifft.

Der Sommer 2022 war europaweit geprägt von Turbulenzen im internationalen Reiseverkehr, insbesondere bei Flugreisen. Hat dies einen Einfluss gehabt auf das Reiseverhalten der Gäste und falls ja, war der Einfluss eher positiv oder negativ für die Schweiz?

Alex Herrmann: Das «Flugchaos» vom Sommer 2022 hat sich primär positiv auf die Schweiz ausgewirkt. Anreisen per Auto und Zug wurden attraktiver, besonders aus den Niederlanden (primär Auto) und Frankreich (Auto und Zug). Deutlich negativ waren die Auswirkungen für die europäischen Flugmärkte, primär UK.  

Jörg Peter Krebs: Meiner Meinung nach ja und nein: Bei den sogenannten Pauschalreisende ans Mittelmeer hatte dies keinen grossen Einfluss. Man wollte verreisen und nahm gewisse Hürden in Kauf. Fernreisen wurden in diesem Zusammenhang immer noch als unsicher wahrgenommen. Bahnreisen (Tag und Nacht) sind wieder in. Beispielsweise konnten wir ein Wachstum beim grenzüberschreitenden Verkehr aus Deutschland und Österreich verzeichnen. Zudem beobachten wir immer mehr das Phänomen von «last minute» zu «last second».