Die Schweiz erlebte 2022 einen Rekordsommer, den auch der Schweizer Tourismus ganz direkt zu spüren bekam: Noch nie waren die Schweizer Flüsse so warm, manche trockneten sogar fast ganz aus. Die Bodensee-Schifffahrt musste den Betrieb zwischen Rorschach und Rheineck einstellen. In Zermatt stellten die Bergbahnen den Sommerskibetrieb mangels Gletscherschnee ein. Einzelnen SAC-Hütten droht in den nächsten Jahren die Schliessung, weil der abtauende Permafrost die Felsmassen in Bewegung bringt, auf denen die Hütten gebaut sind. Solche extremen Wetterphänomene kommen in den letzten Jahren immer häufiger vor, der durch die Menschheit verursachte Klimawandel ist eine Tatsache. Die «Tourismusstrategie des Bundes» zählt den Klimawandel deshalb zu einer der fünf wichtigsten Herausforderungen für den Schweizer Tourismus.

Tourismus als fünftwichtigste Exportbranche

Wer aber angesichts der zahlreichen Herausforderungen in Aktionismus verfällt, handelt genauso falsch wie jemand, der die Hände in den Schoss legt. Die Tourismusbranche ist mit fast 5 % Anteil am Aussenhandel die fünftwichtigste Exportbranche der Schweiz. Besonders in den Bergdestinationen hängen viele Arbeitsplätze direkt oder indirekt vom Tourismus ab. Einseitige Verbote, wie von einzelnen Politikerinnen und Politikern gefordert, greifen zu kurz, gefährden diese Arbeitsplätze und lassen sich deshalb nicht mit dem übergreifenden Nachhaltigkeitsgedanken vereinbaren. Zielführender sind smarte, ganzheitlich durchdachte Initiativen und Massnahmen. Dies stets unter der Berücksichtigung geografischer Gegebenheiten, da sich der Klimawandel regional sehr unterschiedlich auswirkt. Gleiches gilt für die Chancen, die sich für die Schweiz auf internationaler respektive in den verschiedenen Destinationen auf regionaler Ebene eröffnen.

Innovativ, eigenverantwortlich, Swisstainable

Das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) zählte im dritten Quartal 2022 im Linien- und Charterverkehr insgesamt 13,7 Millionen ankommende und abfliegende Passagiere (Lokal- und Transferpassagiere). Das sind 62 % mehr als im Vorjahreszeitraum. Obwohl der Wert immer noch 18 % unter dem Vorpandemieniveau 2019 liegt, zeigt der markante Anstieg, wie gross das Bedürfnis ist, mit dem Flugzeug zu verreisen.

Internationaler Tourismus ohne Fluganbindung ist deshalb unrealistisch, die internationale Luftfahrt kann nicht einseitig durch die Schweizer Tourismusbranche beeinflusst werden. Auf Schweizer Boden hingegen kann die Branche das Heft in die Hand nehmen. Hier sorgt Schweiz Tourismus ST für eine längere Aufenthaltsdauer sowie für eine geografische und saisonale Diversifizierung der Gästeströme. Dabei engagiert sich die ganze Branche mit Massnahmen und Ansätzen, die sich grundsätzlich den folgenden zwei Handlungsfeldern zuordnen lassen: der Verlangsamung des Klimawandels durch die Vermeidung von Treibhausgasen und der Anpassung an den Klimawandel mit neuen, ganzheitlichen Strategien. Die Swisstainable-Bewegung gehört zu Letzterem: Sie soll den touristischen Leistungsträgerinnen und -trägern nicht nur ein Überleben sichern, sondern langfristig die landesweite Prosperität sicherstellen, trotz Klimawandel.

Neben verschiedenen Massnahmen und Aktionen im Rahmen der Swisstainable-Bewegung bildet das gleichnamige Programm das Herzstück. Sowohl erfahrene Pioniere als auch Neueinsteiger können entlang von drei Levels partizipieren und zeigen mit dem Signet ihr Nachhaltigkeits-Engagement. Denn eine starke Position im Bereich Nachhaltigkeit wird immer mehr zum Wettbewerbsvorteil und die Schweiz bringt alle Voraussetzungen dafür mit.

Treibhausgase im Tourismus reduzieren

Die schädlichen Treibhausgase in allen Lebensbereichen zu reduzieren, bleibt trotzdem unerlässlich – sei es durch klimaschonendere Energiequellen oder durch den eigenen achtsamen Verbrauch. Hier ist die Wirtschaft mit der Entwicklung innovativer Produkte gefragt. Ein ausgezeichnetes Beispiel dafür lieferte die Skidestination St. Moritz erstmals in der Wintersaison 2022/23: In den Skigebieten fahren alle Dieselfahrzeuge, Baumaschinen, die 36 Pistenfahrzeuge und die 65 Dienstfahrzeuge mit einem CO2-neutralen Diesel, dem GTL (Gas-to-Liquids) Fuel Alpine. Alle Dienstgebäude, Betriebe und Restaurants werden zudem mit dem CO2-neutralen Heizöl, dem GTL Fuel Heating, geheizt. Und als erste Linienfluggesellschaft fliegt Swiss International Airlines (SWISS) ab der Schweiz seit 2021 mit SAF (Sustainable Aviation Fuel), einem synthetisch hergestellten Kerosin. Das Besondere daran: Es wird Kohlenstoff aus bestehender nachhaltiger Biomasse oder Gasen wiederverwendet und in Treibstoff umgewandelt. SAF ist damit eine echte Alternative zu fossilem Kerosin.

Gleichzeitig braucht es eine grosse Portion Eigenverantwortung – sei es im privaten oder im geschäftlichen Bereich. Wie die Eigenverantwortung mit einer Initiative gefördert werden kann, zeigte der von ST durchgeführte «Swisstainable Veggie Day», ein Projekt der ST-Swisstainable-Bewegung.

Trotz der Herausforderungen durch den Klimawandel, mit denen sich die Schweizer Tourismusbranche 2022 konfrontiert sah, hat sie sich der Verantwortung gestellt und Eigenverantwortung übernommen. Dranbleiben wird sich eher früher als später auszahlen.