Die Auswirkungen der Klimaerwärmung sind ein weltweit zu beobachtendes Phänomen. Damit werden Stimmen lauter, die das Marketing von Schweiz Tourismus (ST) in den Fernmärkten grundsätzlich in Frage stellen. Denn je weiter die An- und Rückreise, desto wahrscheinlicher wird das Flugzeug als Transportmittel gewählt. Das führt zu höheren CO2-Emissionen im Vergleich zur An- und Rückreise von Gästen aus Europa und von einheimischen Gästen. Entscheidend ist jedoch, wie ST die Rolle der Fernmärkte gewichtet und das Reiseverhalten dieser Gäste beeinflussen kann.

Nachhaltigkeit in allen drei Dimensionen betrachten

Um die gesamten Auswirkungen von Gästen aus den Fernmärkten in der Schweiz bewerten zu können, gab die Tourismusallianz Schweiz einen Bericht* in Auftrag, der das Kosten-Nutzen-Verhältnis von Gästen aus den Fernmärkten im Vergleich zu den Nahmarktgästen evidenzbasiert analysiert. Der im Februar 2023 veröffentlichte Bericht beleuchtet drei grundlegende Aspekte zur Rolle der Fernmarktgäste im Schweizer Tourismus:

  • die wirtschaftlichen Vorteile im Vergleich zu den verursachten Umweltkosten
  • ihr Einfluss auf die touristische Saisonalität
  • die Vorteile und Kosten aus sozialer Sicht

Der Bericht kommt zum Schluss, dass die wirtschaftlichen und sozialen Vorteile der Fernmarktgäste höher sind als die ökologischen (Kosten der CO2-Emissionen) und die sozialen Kosten, die sie verursachen. Ebenfalls von Bedeutung ist ihre Auswirkung auf die saisonale Diversität: Fernmarktgäste tragen zu einer stabileren und gleichmässigeren Verteilung der Nachfrage über das ganze Jahr bei.

Qualitätstourismus, das ganze Jahr und im ganzen Land

Die wirtschaftlichen, sozialen und saisonalen Gewinne der längeren Aufenthaltsdauer, die durch diese Gästegruppe aus Übersee generiert werden, sind direkt oder indirekt auf die Marketingaktivitäten von ST zurückzuführen. (Fernmarkt-)Gäste gezielt zu längeren Aufenthalten inspirieren und sie dazu ermuntern, die Schweiz über die touristischen Leuchttürme hinaus zu entdecken: Ohne dieses präzise ST-Marketing wäre die touristische Wertschöpfung stark geschmälert, stellt der Bericht fest.

Das Key Account Management, also die Arbeit mit Reiseveranstaltern, und das Key Media Management spielen ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Gästelenkung: Ohne diese Massnahmen würde die Schweiz zwar nicht direkt vom Radar der internationalen Reisebranche verschwinden, aber die Fernmarktgäste würden sich wohl ausschliesslich für die bekannteren Destinationen entscheiden. ST könnte die Destinationswahl kaum beeinflussen, was sich negativ auf die geografische Diversität auswirken würde. Grundsätzlich können die Fernmarktgäste nicht davon abgehalten werden, Überseereisen zu unternehmen. Somit würden die Umweltauswirkungen global gleich hoch bleiben, aber die Reisen würden in andere Länder als die Schweiz oder hier nur zu den bekanntesten Destinationen führen. Die wirtschaftlichen und sozialen Vorteile für die Schweiz ohne die Gästelenkung von ST wären viel geringer.

«Es geht nicht darum, den Anteil der Gäste aus den Fernmärkten zu erhöhen, sondern um das präzisere Steuern dieser Gästegruppe.»

Die Strategie von ST beinhaltet einerseits, einen guten Gästemix zu fördern, mit einem Anteil an Hotellogiernächten von 45 % aus dem Heimmarkt, 35 % aus den Nahmärkten und 20 % aus den Fernmärkten. Andererseits sollen gezielte Massnahmen und Aktivitäten zu einem qualitativ hochwertigen, wertschöpfungsreichen und diversen Tourismus führen – landesweit, das ganze Jahr über.

* Die Rolle der Fernmärkte im Schweizer Tourismus, Kurzbericht, Prof. C. Lässer, Institut für Systemisches Management und Public Governance, Universität St. Gallen, 2023.