Die Schweizer Tourismusbranche hat schon viele Krisen miterlebt und überlebt. 2020 war die Krise aber so gross wie nie mehr seit dem Zweiten Weltkrieg – der Tourismus kam im ersten Quartal praktisch zum Erliegen. Dieses Mal weil durch die ständig ändernden Reiseeinschränkungen im Zuge der globalen Pandemie Covid-19 die Grundlage für einen überlebensfähigen Tourismus nicht mehr gegeben war: die grundsätzliche weltweite Reisefreiheit.

CHF 6,5 Millionen zusätzliche Bundesmittel für das Jahr 2020
Im Mai 2020 entschied das Parlament angesichts der bedrohlichen Lage, das Schweizer Tourismusmarketing mit zusätzlichen Bundesmitteln zu unterstützen. Dass dies dringend notwendig war, zeigen die Zahlen des Bundesamts für Statistik: 2020 sank allein in der Gastronomie die Zahl der Vollzeitäquivalente um 10,2 % im Vergleich zum Vorjahr.

Für die sogenannte Recovery-Kampagne erhielt Schweiz Tourismus ST vom Bund CHF 6,5 Millionen für das Jahr 2020. Dies für Marketingaktivitäten mit Fokus auf die einheimischen Gäste und der Bereitstellung von preislich attraktiven Angeboten. Für 2021 sprach das Parlament CHF 13,5 Millionen. Zusätzlich investierte ST im Jahr 2020 Eigenmittel für die Recovery-Kampagne in der Höhe von CHF 5,5 Millionen. Für 2021 sind CHF 2,5 Millionen an Eigenmitteln vorgesehen.

Entlastungsbeiträge auch für Tourismuspartner

981 Tourismuspartner erhielten vom Parlament zudem für das Jahr 2020 zusammengerechnet CHF 6,5 Millionen zugeschrieben. Für 2021 sind CHF 13,5 Millionen vorgesehen. Das Team touristische Partnerschaften von ST kontaktierte dafür die bezugsberechtigten Tourismuspartner und informierte über die individuellen Entlastungsbeiträge in Form von Marketingguthaben bei ST. Basis für die Berechnung bildeten die Marketingbeiträge der Partner im Jahr 2019 (mehr Informationen zu den Entlastungszahlungen).

Empathie mit «Dream now – travel later.»

Um flexibel auf die Bedingungen während der Pandemie reagieren zu können, baute ST den Recovery-Plan in drei Stufen auf: Empathie, Aufmerksamkeit, Angebotsmarketing. ST arbeitete dabei mit acht verschiedenen Personas und stellte damit sicher, dass die richtigen Botschaften bei den richtigen Zielgruppen ankamen. Darunter die fiktive Jasmin, die grossen Wert auf Sicherheit und Sauberkeit legt, und deshalb mit der Kampagne Clean & Safe angesprochen wurde. Matteo, der die spezielle Ausgangslage nutzten wollte, um seine persönliche Reise-Bucket-List für die Schweiz zusammenzustellen. Oder Jona, die die Schweizer Natur als grossen Spielplatz sah und diesen mit ihren Kindern entdecken wollte. Für alle acht Personas erstellte ST eine individuelle Landingpage.

Reisen war wegen des Lockdowns nicht möglich. Was man aber durfte und konnte, war träumen, sich inspirieren lassen und übers eigene Kopfkino streamen. Gutes Marketing muss den richtigen Ton treffen, darum galt in der Phase «Empathie» das Motto «Dream now – travel later». Dafür setzte ST vor allem auf die über 30 länderspezifischen Social-Media-Kanäle. Ein über Social Media ausgespielter Clip lud zum Träumen ein und erreichte fast 17 Millionen organische Impressionen. Über 320 000 Menschen haben die DNTL-Beiträge auf Social Media geliked, geteilt und kommentiert.

ST zeigte sich auch beim Thema Homeoffice kreativ und nutzte die hohe Popularität der Videocall-Plattform Zoom für einen Wettbewerb.

Zoom-Wettbewerb «Switzerland is calling.»

Dabei wurde dazu aufgefordert, sich ein Bild aus der Schweiz für den Bildschirmhintergrund hochzuladen. Die Social-Media-Ads generierten über 11 Millionen Impressions und führten zu rund 15 000 Leads auf die Wettbewerbsseite, die selbst rund 35 000 Mal aufgerufen wurde. Als weitere Empathie-Massnahme produzierte ST eine Spezialedition des Sommermagazins mit einer Auflage von total 700 000 Exemplaren. 185 000 Exemplare lagen der «SonntagsZeitung» und «Le Matin Dimanche» bei.

Aufmerksamkeit mit «Wir brauchen Schweiz.»

Als Anfang Juni die Campingplätze wieder öffneten und die Kursschiffe sowie Seilbahnen wieder fuhren, aktivierte ST die zweite Stufe. In dieser Phase ging es darum, die Aufmerksamkeit grundsätzlich auf die Ferien- und Reisedestination Schweiz zu ziehen. Dafür lancierte ST die neue Dachkampagne «Ich brauch Schweiz.», die erstmals für alle Kampagnenmassnahmen im Sommer 2020 angewendet wurde. Der Kampagnenfilm dazu wurde auf verschiedenen Kanälen ausgestrahlt und generierte 25.6 Millionen Kontakte (über TV, Youtube, Facebook, Instagram, TikTok).

Die neue Dachkampagne «Ich brauch Schweiz.» kam erstmals für den Sommer zur Anwendung.

Prominente Unterstützung erhielt ST zudem von den Comedy-Duos Divertimento, die sich auf Reisen durch die Westschweiz begaben, und von Vincent & Vincent, die Ferien in der Deutschschweiz machten. Über Social Media liessen sie ihre vorwiegend einheimischen Fans an ihren Erlebnissen teilhaben: Divertimento erreichte bis Ende Sommer 2020 326 000 Views auf YouTube und auf Instagram knapp 528 000 Views. Vincent & Vincent konnten 205 000 Views auf YouTube verzeichnen und rund 32 000 Views auf Facebook, mit einer Mindestverweildauer von einer Minute. Auch medial fand die Zusammenarbeit Beachtung, beispielsweise in den Schweizer Medien «20 Minuten» und «Le Nouvelliste».

Um zudem das Vertrauen der Gäste aus dem In- und Ausland in die Schweiz als sicheres und sauberes Reiseland nach dem Lockdown zu stärken, haben die Tourismusbranchenverbände ein «Clean & Safe»-Label ins Leben gerufen. Bis Ende Jahr haben sich rund 4000 Betriebe für das Label angemeldet.

Die Städte litten besonders stark unter den Reisebeschränkungen. Der Meetingstourismus war nur unter strengen Vorlagen möglich, was viele Veranstalter von einer Durchführung abschreckte. Zusammen mit den fehlenden Gästen aus den Fernmärkten, die in den letzten Jahren zahlreich die Schweizer Städte besucht hatten, waren die Leistungsträger in den Städten doppelt bestraft. ST lenkte die Aufmerksamkeit deshalb verstärkt auf die Schweizer Städte, unter anderem mit einer neuartigen Pinterest-Kampagne, die insgesamt über 46 Millionen Impressions generierte. Die Recovery-Kampagne wurde zudem speziell für den Meetingsbereich adaptiert.

Performance mit Angebotsmarketing

Mit Fokus auf die Sommer- und Herbstferien schnürte ST preislich attraktive Angebote für die dritte Phase und setzte dabei unter anderem auf die langjährige Partnerschaft mit der «Coopzeitung»: Attraktive Angebote standen im Sommer, im Herbst und für die Städte zur Auswahl. Die Sommerangebote in der Coop-Beilage stiessen auf grosses Interesse. 8800 Buchungen kamen zustande. Für Herbst waren es 2280 Buchungen und das erstmalige Städteangebot Coop City Swap löste 376 Buchungen aus.
Weiter setzte ST auf Beilagen mit konkreten Angeboten in den wichtigsten Schweizer Medien, beispielsweise bei der «Schweizer Illustrierten».
Mit dem Auto oder dem Zug durch die Schweiz touren bot sich im Jahr 2020 besonders an: Spontanes, unabhängiges Reisen war gefragt. Auf Radio NRJ und OneFM sowie im Rahmen der Herbstkampagne machte ST auf die Packages der Grand Tour of Switzerland aufmerksam.  

Recovery-Massnahmen in den Märkten

Die Reiseeinschränkungen wurden 2020 von Markt zu Markt sehr unterschiedlich festgelegt. Entsprechend schwierig war es für die Tourismusbranche, den richtigen Zeitpunkt für die richtigen Marketingmassnahmen zu finden.

Recovery-Massnahmen für den italienischen Markt.

Die Marktforschungsabteilung entwickelte dafür das Market Indicator System. Ein Dashboard, das anhand verschiedener Indikatoren anzeigt, wann in welchen Märkten Tourismusmarketing gestartet werden kann. Die Daten dienten ST und den ST-Mitgliedern als Entscheidungsgrundlage für die Marketingplanung in den Märkten, so auch für die Recovery-Kampagne. Das Dashboard steht allen ST-Mitgliedern zur Verfügung, auf Anfrage auch den Medienschaffenden. 

Swiss Swap in Deutschland

Die Recovery-Massnahmen von ST in den Märkten konzentrierten sich hauptsächlich auf die Stufen Empathie und Aufmerksamkeit. In Deutschland wurde dafür erfolgreich der Swiss Swap lanciert. Deutsche Gäste konnten sich mit einem Video für Ferien in der Schweiz bewerben. Der Videoclip dazu entwickelte sich zu einem Internet-Renner und verzeichnete über 3,7 Millionen Aufrufe.